Lambrecht – Am 10.12.2025 fällt der Startschuss für die Veranstaltungsreihe in der ehemaligen Lambrechter Tuchfabrik Gebrüder Haas (heute Jola Spezialschalter): Textile Industriekultur – die Lambrechter Tuchmacherei als Augenzeuge der Industrialisierung, ihrer Voraussetzungen, Randerscheinungen und Folgen.

Mitte des 16. Jahrhunderts durften sich Glaubensflüchtlinge aus Wallonien im damals leerstehenden Kloster St. Lambrecht niederlassen. Sie brachten ihr Handwerk – die Tuchmacherei – mit und verhalfen dem kleinen Ort so zu einem enormen wirtschaftlichen Aufschwung. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich so trotz vieler Höhen und Tiefen eine lebhafte Arbeiterstadt, und die Industrialisierung führte zur Entstehung von mechanischen Spinnereien und schließlich von Volltuchfabriken, die sämtliche Produktionsschritte von der Bearbeitung der Rohwolle über den Spinnprozess bis hin zum Fertigtuch umfassten. Sie brachten Lambrecht den Beinamen „Tuchmacherstadt“ ein, bis sie in den 1960er-Jahren im Zuge des Niedergangs der deutschen Textilindustrie aufgrund von Marktveränderungen die Produktion einstellten.

In einer solchen – der ehemaligen Tuchfabrik Gebrüder Haas – wird von Dezember 2025 bis Februar 2026 die Reihe „Tuchfabrik-Vorträge“ beginnen, die sich mit unterschiedlichen Themen rund um die lokale Tuchmacherei beschäftigen wird. Der Untertitel: „Textile Industriekultur – die Lambrechter Tuchmacherei als Augenzeuge der Industrialisierung, ihrer Voraussetzungen, Randerscheinungen und Folgen“. Er ist bewusst breit gewählt, um eine große Themenvielfalt zuzulassen. Die Referenten sind Spezialisten ihres jeweiligen Themas und sind überwiegend bereits durch Forschung, Veröffentlichungen und/oder Vorträge hervorgetreten. Sie konzentrieren sich auf spezielle Themen, die sich dann im Laufe der Zeit wie Fäden zu einem komplexen Tuch zusammenfügen sollen.

Die Vortragsreihe stellt eine Kooperation zwischen Jola Spezialschalter (ehemals Gebrüder Haas), dem Weber-Museum Lindenberg und teilweise weiteren Partnern dar. Unter dem Motto „Zukunft braucht Historie, Fortschritt braucht Tradition“ geht es darum, Angebote zu schaffen, damit Menschen aus der Vergangenheit lernen können, um die Gegenwart besser zu begreifen und Innovatives zu gestalten.

Dieser Ansatz passt auch hervorragend zum altehrwürdigen Leitspruch, der seit vielen Jahrzehnten die Wand des Büros der Geschäftsleitung ziert: „Schaffen und Streben / heißt unser Gebot, / Fortschritt ist Leben, / Stillstand ist Tod !“ Es geht um Innovationsgeist und Fortschreiten auf Basis des Geschehenen. Die Firma Jola Spezialschalter ist der lebendige Beweis dafür, dass es möglich ist, trotz gewaltiger Probleme etwas Neues zu schaffen und optimistisch und aktiv in die Zukunft zu blicken. Genau dies wünscht sich der Veranstalter in Person des aktuellen Geschäftsleiters Lars Mattil: „Sinnvolle, zielgerichtete Aktivitäten und eine aktive Wirtschaftsförderung könnten und sollten dazu führen, dass sich neue Unternehmen in der Region ansiedeln und sich dadurch positive Effekte für die Bevölkerung, Firmen, Gewerbetreibenden und Freiberufler ergeben. Dies sollte momentan mit oberster Priorität angegangen werden!“

Den Auftakt wird der bekannte Historiker und Bahnverkehrsexperte Werner Schreiner übernehmen. Am Mittwoch, 10.12.2025, wird er über „Eisenbahn und Wirtschaft im Hochspeyerbachtal“ referieren. Die Veranstaltung findet in Kooperation mit der Bezirksgruppe Neustadt an der Weinstraße des Historischen Vereins der Pfalz e.V. statt.

Ihm wird am Donnerstag, 15.01.2026, der nicht minder bekannte Volkskundler Helmut Seebach folgen, in dessen Bachstelz-Verlag er vor einigen Monaten sein neuestes Buch über den Pfälzerwald als „Beitrag zur Revolutions- und Kulturgeschichte eines Naturraumes“herausgegeben hat. In ihm schildert er den Lebensraum vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert anders als von den meisten Autoren gewohnt. Diese neue Sicht wird er auch in seinem Vortrag präsentieren.

Am Donnerstag, 29.01.2026, wird dann Dr. Otto W. Obermaier über seinen Urgroßvater Otto J. Obermaier berichten, der um 1870 selbständiger Woll- und Garnhändler in Lambrecht war und gemeinsam mit einem Färbereifachmann nach Verbesserungsmöglichkeiten in der Färberei zu forschen. Durch die 1882 patentierte Innovation wurde der Färbeprozess revolutioniert, die Firma Obermaier & Cie wurde gegründet. Das entwickelte Verfahren wird im Grundsatz noch heute weltweit angewandt.

Als vierter Referent konnte schließlich der Soziologe Dr. Werner Dietrich – ehemaliger Geschäftsführer der Verwaltungsstelle Neustadt der IG Metall – gewonnen werden. Er wird sich am Donnerstag, 19.02.2026, den Anfängen gewerkschaftlicher Organisierung der Textilarbeiter im Lambrechter Tal widmen und insbesondere über die ersten vier „Weber-Streiks“ erzählen.

Sollte einer der Vortragenden kurzfristig ausfallen, so wird Gerald Lehmann – Heimathistoriker und Betreiber des Weber-Museums in Lindenberg – einspringen und unter dem Titel „Die frühindustrielle Tuchmacherei als gefahrvolle Arbeitswelt“ über den Arbeits- und Gesundheitsschutz in der Textilindustrie sprechen.

Alle Vorträge werden jeweils um 18 Uhr beginnen. Im Anschluss sind eine Diskussionsrunde sowie ein kleiner Sektempfang vorgesehen. Am 15.1. und 19.2. wird zusätzlich die Möglichkeit bestehen, ein Buch beim Autor zu erstehen und signieren zu lassen.

Begleitend kommt eine Gemälde-Ausstellung hinzu, die an den Vortragsterminen jeweils ab 17 Uhr vor und nach den Vorträgen betrachtet werden kann. Die Malerinnen Marianne Mansmann (aus Lambrecht), Martina Müller (aus St. Martin) und Petra Thullen (aus Neustadt an der Weinstraße) stellten schon mehrfach ihre Werke gemeinsam aus. Speziell für die Tuchfabrik-Vorträge haben sie „Motive aus der Lambrechter Tuchmacherei“ zusammengestellt. Gezeigt werden Bilder in Aquarell, Aquarell mit Tusche, Acryl sowie Cyanotypien.

Die Veranstaltungsreihe fügt sich in die aktuellen Bemühungen des 2024 gegründeten Vereins Industriekultur RLP ein, als Verband verschiedener Kulturinitiativen die Geschichte von Industrie und Handwerk in Rheinland-Pfalz sichtbar und erlebbar zu machen.

Eine Anmeldung zu den Veranstaltungen ist nicht erforderlich. Der Eintritt ist frei. Mehr Informationen unter: www.jola-info.de/tuchfabrik-vortraege

Quelle: Jola Spezialschalter GmbH & Co. KG


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