Neustadt an der Weinstraße – Leider kann das Demokratie-Forum Hambacher am 5.10.2022 nicht stattfinden, so die Stiftung Hambacher Schloss.

Wir berichteten:

Die Preise für Lebensmittel und Energie steigen, die Inflation ist so hoch wie lange nicht und immer mehr Menschen machen sich Sorgen darum, wie sie über die Runden kommen sollen. Auf Twitter machen Menschen, die in Armut leben, mit dem Hashtag „#armutsbetroffen“ auf ihre Situation aufmerksam.

Laut dem kürzlich erschienenen Armutsbericht des Paritätischen sind 13,8 Millionen Menschen einkommensarm. Aber auch Menschen mit geringen und mittleren Einkommen haben angesichts der explodierenden Energiepreise Sorgen. Politiker diskutieren darüber, wie die Menschen angesichts der aktuellen Entwicklungen entlastet werden können.

Was ist gerecht? Davon haben Parteien unterschiedliche Vorstellungen

Gerecht soll es dabei zugehen, darüber besteht Einigkeit. Aber: Was ist eigentlich gerecht? Darüber diskutiert Michel Friedman mit der Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages Katrin Göring- Eckardt (Bündnis 90 / Grüne) und dem Bundestagsabgeordneten Jens Teutrine (FDP) im Rahmen der Gesprächsreihe „Demokratie-Forum Hambacher Schloss“.

Armut wird oft vererbt

Die aktuelle wirtschaftlich schwierige Lage löse man besser mit Steuersenkungen als mit Steuererhöhungen und Entlastungspaketen, meint Bundestagsabgeordneter Jens Teutrine (FDP). Der Staat müsse den Menschen weniger wegnehmen – das wäre der Kern der Entlastung. Für ihn werde Armut viel zu häufig vererbt:

„Wieso gab es noch nie ein Sondervermögen für Bildung? Eine Frage, über die man sprechen kann, weil es um die wichtigste Zukunftsaufgabe unserer Gesellschaft geht“, 

sagt der FDP-Politiker. In der Debatte gehe aber eines manchmal verloren:

„Nämlich, dass Aufstieg nicht mit 50 Euro mehr oder weniger im Monat entschieden wird. Es geht um soziales Kapital, den Zugang zu Bildung, zu Sportvereinen, zu gesellschaftlicher Teilhabe. Es ist nicht nur eine finanzielle Frage, sondern auch die Frage, wie organisiere ich Gesellschaft.“

Nicht nur Armut an Geld, sondern auch Armut an Chancen

Katrin Göring-Eckardt macht darauf aufmerksam, dass zu viele Kinder in Deutschland in Armut leben.

„Das ist Armut an Geld und Armut an Chancen. Wir müssen endlich dafür sorgen, dass alle Kinder von Anfang an die gleichen Chancen bekommen! […] Wir stecken in einer Zeit multipler, sich gegenseitig verstärkender Krisen. Der russische Krieg heizt die Gaspreise an, die Klimakrise spitzt sich weiter zu. Die soziale Unwucht verschärft sich immer weiter“,

so Göring-Eckardt. Der Staat könne die Folgen dieser Krisen nicht vollständig abfedern. Das Vermögen sei in Deutschland extrem ungleich verteilt. Deswegen müssten Vermögende mehr zur Krisenbewältigung beitragen. Sie ist der Meinung, dass die Härten der aktuellen Krise umverteilt werden müssen. Das bedeute, dass sowohl Reiche als auch Profiteure von Übergewinnen stärker belastet werden müssten.

„Wir müssen deswegen auch über eine Vermögensabgabe sprechen“,

fordert die Vizepräsidentin des Bundestags.


Demokratie-Forum Hambacher Schloss: #armutsbetroffen – Was ist gerecht? Katrin Göring-Eckardt und Jens Teutrine im Gespräch mit Michel Friedman


Wofür steht das Demokratie-Forum Hambacher Schloss?

Das Demokratie-Forum findet i.d.R. viermal jährlich im Hambacher Schloss (Neustadt an der Weinstraße) statt. In der Tradition des Hambacher Fests 1832 und dem hiermit verbundenen Geist der Meinungsfreiheit und der Bürgerrechte diskutieren lebenserfahrene und streitlustige Politiker sowie Vertreter aus Wirtschaft, Kultur und Zivilgesellschaft. Politische, gesellschaftliche und kulturelle Themen von grundlegender Bedeutung werden aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln aufgegriffen. Das kritische Bürgerforum bietet eine Bühne für substanzielle Diskurse und fairen Konfliktaustausch.

Moderator des Demokratie-Forums: Michel Friedmann

Die Gespräche des Demokratie-Forums leitet Michel Friedman. Friedman, der 1956 in Paris geboren wurde, ist deutsch-französischer Jurist, Publizist, Philosoph und Fernsehmoderator. Er war jahrelang stellvertretender Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland sowie Herausgeber der Wochenzeitung Jüdische Allgemeine. Als Moderator wurde er mit der Sendung "Vorsicht! Friedman" bekannt. Heute moderiert er unter anderem bei der Deutschen Welle die Sendung "Auf ein Wort".

Die Reihe „Demokratie-Forum Hambacher Schloss“ ist eine Kooperation des SWR und der Stiftung Hambacher Schloss.

Quelle: Stiftung Hambacher Schloss